Wednesday, May 22, 2013
Community Matters
von Elmar Geese (OSBA, FSFE, CCC e.V.)
Wednesday, 22.05.2013, New York II, 10:30-11:00 Uhr
Die Gegenwart erscheint uns immer selbstverständlich. Das Staunen über Veränderung und Innovation hat nur eine kurze Halbwertszeit. Es lohnt sich aber zurückzublicken, um zu verstehen was und wer Open Source zum Erfolg geführt hat. Es sind nicht die großen Konzerne, die gerade noch rechtzeitig auf den Zug aufgesprungen sind. Es sind auch nicht die mittelständischen Unternehmen, die die wirtschaftlichen und strategischen Vorteile erkannt haben die die Integration von Open Source in ihre Wertschöpfungskette bieten. Open Source funktioniert nur durch Softwareentwickler und Communities, ob im kommerziellen oder im altruistischen Bereich.
Mit dem GNU Projekt begann 1983 die Geschichte von Open Source mit dem erfolgreichen Versuch eine freie Alternative zum proprietär gewordenen UNIX zu schaffen. Der Vorteil der UNIX Architektur liegt in ihrem modularen Aufbau. Viele einzelne Programme, die idealweise genau ein Aufgabe, diese aber dafür gut erledigen, bilden ein gemeinsames System. Dieses Konzept ist für eine kollaborative und evolutionäre Entwicklung prädestiniert. Als 1992 der Linux Kernel unter der GPL Lizenz veröffentlicht wurde, war das Linux Betriebssystem vollständig. Nachdem es zunächst proprietäre UNIX Systeme immer weiter verdrängte, verbreitete es sich schließlich auf PCs, Telefonen, Industrieautomation, einfach überall.
Wenn es um menschliche Errungenschaften geht denken wir oft an große Forscher oder Erfinder, die die Welt augenscheinlich disruptiv verändert haben, wie Aristoteles, Newton, Darwin, Einstein oder Edison. Dabei war letzterer sicherlich ein besserer Geschäftsmann und Verwerter fremder Ideen als ein hochbegabter Erfinder. Und schon Newton sprach den berühmten Satz von den Schultern der Riesen auf denen er stünde. Natürlich sind Individuen, manchmal sogar HeldenInnen und Helden, wichtig um den Lauf der Dinge zu verändern. Eine kubanische Revolution ohne Fidel oder Che ist kaum vorstellbar, und fast jede große Religion hat ihre Heldengeschichten: Jesus, Mohammed, Buddha, usw. usf. HeldInnen sind wichtig. Die Open Source Geschichte zeigt uns aber ganz konkret, zu welchen Leistungen wir als Gemeinschaft fähig sind.
Egal was wir tun, wir versuchen unsere Aktivitäten immer zu strukturieren. Ob es sich um einen Wochenendeinkauf, einen Brückenbau oder ein Softwareprojekt handelt: Wenn wir uns Aufgaben stellen, packen wir sie in einem Projektrahmen. Projekte sind das Mittel der Wahl um komplexe Aktivitäten zu strukturieren. Natürlich müssen Open Source Projekte dabei mit den selben Herausforderungen umgehen, wie sie in Projekten nun mal typisch sind: Koordination, Kommunikation, Qualität, Termine, usw. Die Techniken und Konzepte die dafür entwickelt wurden, wurden mittlerweile auch in die proprietäre Welt übernommen.
Open Source basiert auf konsequenter Sozialisierung des Wissens, einer Strategie deren Vorteile durch das Internet jedem deutlich werden: von Wikipedia bis Facebook werden die Grenzen zwischen Informationserzeugung und Konsum verwischt. Mitmachen ist angesagt. Dies ist etwas was wir beim großen Wachstum der Nutzerzahl von Open Source Software nicht vergessen dürfen: eine reine Konsumentengesellschaft erschafft nichts Neues. Auf den Universitäten ist Open Source der Standard geworden, auch wenn es immer wieder gerne Einflussnahmen der proprietäten Großsaurier wie Oracle, Microsoft, SAP oder SAG gibt. Die Unternehmen, die jedoch auf Open Source setzen, sollten ihre Mitarbeiter dazu motivieren und dabei unterstützen auch in Projekten mitzumachen. Wir können alle etwas tun, es gibt ungezählte und nicht nur technische Rollen und Aufgaben, sei es als Entwickler, Admin, Anwender, Autor, Tester. Durch unsere Mitgestaltung können wir unser Leben individuell sinnvoller gestalten, und unsere gemeinsam unsere Macht nutzen. Wir sind die Community.
Über den Autor Elmar Geese:
Elmar Geese ist gelernter Musiker und seit 20 Jahren im IT und Open Source Kontext tätig. Er hat verschiedenene Unternehmen gegründet und bis zur Größe von 200 Mitarbeitern entwickelt. Nach seinem Ausscheiden aus dem operativen Geschäft betreut er heute einige Unternehmen als Aufsichtsrat und Business Advisor. In seiner Freizeit macht er nach wie vor Musik uns engagiert sich im Kontext der Open Source Business Alliance, der Free Software Foundation, des CCC und einigen mehr.