Erklärung des LinuxTag e. V. zur Schirmherrschaft über den LinuxTag 2007
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des Innern, hat die Schirmherrschaft über den LinuxTag 2007 übernommen. Nach Bekanntgabe dieser Nachricht haben wir viele Reaktionen erhalten, darunter auch einige, die die Positionen des Bundesministers zu den Themen "Elektronische Überwachung" und "Bürgerrechte" kritisch hinterfragen.
Wir begrüßen explizit eine kritische Auseinandersetzung mit diesen Themen, sehen diese jedoch nicht im unmittelbaren Fokus unserer Veranstaltung. Das Ziel des LinuxTag e. V. ist es, Freie Software zu fördern. Dieses Ziel ist uns sehr wichtig und unser Hauptanliegen.
Der LinuxTag e. V. vertritt die Meinung, dass durch den konsequenten Einsatz von Freier Software in der öffentlichen Verwaltung ein großer Beitrag für die Transparenz des Verwaltungshandelns geschaffen werden könnte. Und hierfür ist der jeweilige Bundesminister des Innern ein wichtiger Partner, ohne den die Erfolge in der Vergangenheit nicht möglich gewesen wären.
Dass auch der aktuelle Bundesminister diese Ziele im Hinblick auf Freie Software verfolgt, ergibt sich klar aus den schon in unserer Newsmeldung zitierten Schreiben: "Wie Sie wissen, fördert mein Ministerium seit Jahren den Einsatz Freier bzw. Open Source Software in Ergänzung und als Alternative zur herkömmlichen lizenzpflichtigen Software. Open Source Software ist mittlerweile in vielen Bereichen eine technisch ausgereifte und praktisch millionenfach erprobte Alternative geworden. Zudem kann sie helfen, Haushaltsmittel zu sparen und die Sicherheit des IT-Einsatzes zu steigern."
Mit dem Bundesministerium des Innern (BMI) verbindet uns seit dem Sommer 2001 eine langjährige Partnerschaft, die sich auf den vielfältigen Aktivitäten des Ministeriums für den gleichberechtigten Einsatz von Open-Source-Software begründet. Zu solchen Aktivitäten gehören u. a. das Abfassen und Herausgeben des Migrationsleitfadens und die Wegbereitung für Offene Formate. Im Rahmen des diesjährigen Business- und Behördenkongresses berichten beispielsweise Mitarbeiter des BMI über den Einsatz von Linux im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Weiterhin unterstützt uns das BMI bei der Zusammenstellung des Programms des Business- und Behördenkongresses.
Der LinuxTag sah sich schon immer als eine Plattform, auf der auch konträre Themen diskutiert werden, wenn diese Themen einen Bezug zu Linux, Open Source oder Freier Software aufweisen. Auf dem LinuxTag 2007 haben daher auch Meinungen ihren Platz, die mit der Position unseres diesjährigen Schirmherren nicht übereinstimmen: So wird beispielsweise der Unternehmensberater Eitel Dignatz in seinem Beitrag "Terrorbekämpfung: Operation Troja" seine kritische Haltung zu diesem Thema deutlich machen. Unter dem Eindruck des großen Interesses planen wir weiterhin unter Beteiligung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung eine offene Diskussionsveranstaltung, die sich dem Thema "Vorratsdatenspeicherung und ihre Auswirkung auf Freie Software" annehmen wird.
Jeder potentielle Besucher des LinuxTag soll sich seine eigene Meinung zu diesem Thema bilden und daraus seine Schlüsse ziehen. Wir sehen uns nicht in der Position, hier irgendwelche Empfehlungen abzugeben, möchten aber daran erinnern, dass durch ein Wegbleiben von der Veranstaltung am ehesten die vielen Freien Projekte getroffen werden, die unter Einsatz erheblicher Anstrengungen in ihrer Freizeit die Präsentation ihrer Ergebnisse vorbereitet haben. Herr Schäuble selbst wird von solchen Maßnahmen vermutlich überhaupt nichts mitbekommen, da er schon mit seinem Schreiben darauf hingewiesen hat, dass er aus terminlichen Gründen nicht am LinuxTag teilnehmen kann.
Wir wurden zitiert und uns wurde vorgehalten, dass wir nicht politisch seien. Diesen Punkt möchten wir gerne präzisieren: Jeder von uns hat persönlich eine Meinung zu den Themen, die uns direkt berühren. Auch der LinuxTag hat eine klare politische Meinung zu Fragen, die Freie und Open-Source-Software angehen. Diese haben wir auch häufig geäußert, beispielsweise in Form der Unterstützung der Initiative "Bundestux" zur Gleichbehandlung von Freier Software im Bundestag oder durch das Erwirken einer einstweiligen Verfügung gegen das Verbreiten von bewussten Falschinformationen durch SCO.
Im Rahmen des LinuxTag sind schon viele "heiße Eisen" angefasst worden und wurden auch durch ihre wohldurchdachte und konstruktive Form der Kritik auch weit über die Veranstaltung hinaus wahrgenomen. So hat die Demonstration gegen Softwarepatente auf dem LinuxTag 2004 sicherlich auch ihren kleinen Teil dazu beigetragen, dass die geplante Gesetzgebung gekippt werden konnte. Wir begrüßen ausdrücklich jede Form des demokratischen Dialogs und laden alle Interessierten zum Austausch auf den LinuxTag ein.
Mitglieder und Vorstand des LinuxTag e. V.